Kapitel 9Orte am Rand – Roma und Sinti in Wien
Zur Geschichte der Roma und Sinti in Wien gibt es wenig verlässliche Informationen. Sicher ist, dass im Verlauf der großen Zuwanderungsbewegungen im 19. Jahrhundert auch Roma und Sinti nach Wien migrierten. Anders als in ländlichen Gebieten der Monarchie, standen sie in der Großstadt auch zunächst nicht unter besonderer Kontrolle.
Erst in den 1920er-Jahren finden sich verstärkt Hinweise auf polizeiliche Überwachung und eine Tendenz zur Konstruktion eines »Zigeunerproblems« in Wien. In diese Zeit reichen auch Lebenserinnerungen und Familienaufzeichnungen zurück, die über die Orte und Lebensumstände aus eigener Perspektive erzählen. So siedelten sich Sinti und Lovara in den 1920er-Jahren insbesondere in Floridsdorf an. Letztere betrieben hier, an der Peripherie der Großstadt, vor allem Pferdehandel und waren teilweise im Besitz großer Höfe.
Als Lagerplätze für einen vorübergehenden Aufenthalt wurden die Hellerwiese im 10. oder die Wankogstätt’n im 11. Bezirk genutzt. Die Nationalsozialisten wandelten diese Orte schließlich in Zwangsorte um. (Werner Michael Schwarz/Susanne Winkler)
Inhaltlicher Schwerpunkt / Vermittlungsansatz
Ortlosigkeit ist eines der mächtigsten Stereotype in Bezug auf Roma und Sinti. Roma und Sinti werden auch heute noch vielfach als »Nomaden« gesehen, obwohl der größte Teil seit Jahrhunderten sesshaft ist. Unterstellt werden damit auch Identitäts- und Heimatlosigkeit sowie Unzuverlässigkeit. Vor 1938 lebten ca. 11.000 Roma und Sinti in Österreich. Die Mehrheit davon siedelte im heutigen Mittel-und Südburgenland aber auch in den Wiener Außenbezirken gab es traditionelle Lager-und Rastplätze für Roma und Sinti sowie große Gehöfte der als Pferdehändler tätigen Gruppe der Lovara.
Zum Einstieg soll neben einer allgemeinen Verortung der Plätze der Roma und Sinti in Wien auch der Frage nach dem Erinnern und dem Gedenken an diesen Orte nachgegangen werden. Weiterführend ermöglichen Textanalysen einerseits die Auseinandersetzungen mit Eigen- und Fremddarstellungen von Siedlungsorten wie dem »Romano Than« (Roma-Ort) Floridsdorf und zeigen andererseits wie die Situation der Roma und Sinti in Wien in Presseberichterstattungen der frühen 1930er-Jahre wahrgenommen wurde und welche unterschiedlichen Perspektiven und Absichten mit den publizistischen Schilderungen verbunden sind.
Literatur /zur Vorbereitung für die Lehrpersonen:
Katalogbeiträge:- Andrea Härle, Romane Thana. Orte der Roma und Sinti. Zur Geschichte der Ausstellung, S. 17-19.
- Willi S. Horvath, Der Romano Than Floridsdorf , S. 124-133.