Kapitel 2: Die Heimat der Roma ist ihre Sprache Kapitel 4: Duldung, Abwehr und Versklavung

Kapitel 3Der Blick von außen


Bilder, die ihren Ursprung in Eigendarstellungen von Roma haben, sind äußerst rar. Der Völkermord im Nationalsozialismus hat wesentlich dazu beigetragen, familiäre und private Gedächtnisse auszulöschen, sodass fast ausschließlich Bilder von außen überliefert sind. Viele davon stehen in einem direkten Zusammenhang mit Maßnahmen der Verfolgung und des sozialen Ausschlusses. Das betrifft insbesondere Fotografien, die häufig in Verbindung mit polizeilicher Überwachung und rassistischen Motiven stehen und Bildpraktiken des Kolonialismus tradierten.

»Zigeuner-Lager in Oberwart«, 1936/37
Foto: Alfred Ruhmann bzw. Martha Rieber »Zigeuner-Lager in Oberwart«, 1936/37

Christian Plattner, Kitzbühel

In seltenen Fällen waren auch Amateurfotografen aktiv, wie der steirische Industrielle Alfred Ruhmann, der ohne klar erkennbare Motive 1935–1937 burgenländische und ungarische Roma-Siedlungen aufsuchte und hunderte Aufnahmen anfertigte. Fallweise lassen die Fotografien, insbesondere die Porträts, Empathie erkennen. Umso schockierender wirken die zahlreichen Nacktaufnahmen von Mädchen und Frauen, die ein teils rassekundliches, teils erotisches Interesse erkennen lassen.

»Zigeuner-Lager in Oberwart«, 1936/37
Foto: Alfred Ruhmann bzw. Martha Rieber »Zigeuner-Lager in Oberwart«, 1936/37

Christian Plattner, Kitzbühel

Zur besonderen Dramatik dieser erst vor kurzem entdeckten Fotografien gehört, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit die letzten Aufnahmen der Menschen vor ihrer Ermordung in den NS-Lagern zeigen. Aber auch der Fotograf zählte zu den Opfern des Holocaust. Der Besitz der Familie wurde »arisiert«, Ruhmann musste emigrieren und starb kurz nach Kriegsende.
(Werner Michael Schwarz/Susanne Winkler)

Inhaltlicher Schwerpunkt / Vermittlungsansatz

Unsere Vorstellung und Wahrnehmung fremder Volksgruppen und Kulturen wurde zu einem Großteil von typologisierenden Personendarstellungen geformt. Gerade durch die Fotografie führte dies zu einer wahren Bilderfülle von »Volkstypen«-Darstellungen. Dies sind natürlich Fremddarstellungen auch von Roma und Sinti, da sich durch ihre Vernichtung während der NS-Zeit haben sich kaum Selbstdarstellungen erhalten haben. Das führt in Folge sogar soweit, dass Roma und Sinti selbst auf diese Fremddarstellungen zurückgreifen müssen, um sie wieder zu privaten und familiären Selbstdarstellungen umwandeln zu können (siehe Kapitel: Erinnerungen an den Holocaust – Ceija Stojka).

Auch bei den Fotos des Amateurfotografen Alfred Ruhmann in den 30iger - Jahren findet man oft die Fortführung der tradierten Klischeedarstellungen des 19.Jahrhunderts.

Anhand von Bildvergleichen und der Hinterfragung von Klischees anhand der Übung »Die Österreicher/innen« werden historische und heutige Blickweisen diskutiert.


Literatur / zur Vorbereitung für die Lehrpersonen: