Kapitel 7Kriminalisierung und Rassismus
Am Ende des 19. Jahrhunderts geraten die Roma neuerlich in den Fokus staatlicher Zwangspolitik. Zum einen machte die Hinwendung zu einer ordnungs- und wohlfahrtsstaatlichen Politik nach dem Ende des Liberalismus Fragen gesellschaftlicher In- und Exklusion besonders virulent. Zum anderen waren nach der Aufhebung der Sklaverei in Teilen Osteuropas relativ viele Roma Richtung Westen aufgebrochen.
In Österreich wird diese Phase 1888 mit einem Erlass des Innenministeriums eingeleitet, der Roma unter Generalverdacht stellte, kriminell zu sein. Auch wurde mit Begriffen wie »Plage« oder »Unwesen« ein quantitativ bedeutsames Phänomen suggeriert und wider besseres Wissen das Stereotyp verbreitet, dass es sich hauptsächlich um »Nomaden« handle. In ganz Europa wurden ähnliche Maßnahmen gesetzt und oft verfassungswidrige polizeiliche Kontrollen und Registrierungen durchgeführt.
In dieser Zeit wurde der soziale Ausschluss der Roma zunehmend rassistisch begründet; als »letzte Wilde Europas« benannt, wurde ihnen die Fähigkeit abgesprochen, sich der modernen Zivilisation anzupassen. (Werner Michael Schwarz/Susanne Winkler)
Inhaltlicher Schwerpunkt / Vermittlungsansatz
»Kriminalisierung« gestern und heute
Vorurteile gegen Roma und Sinti führen heute wie gestern zu Diskriminierung und Kriminalisierung, ohne dass die wahren Gründe hinterfragt werden. Rein aus Vorurteilen und Ängsten heraus wird reagiert - doch so etwas findet nicht nur am »Stammtisch«, sondern auch auf ministerieller Ebene und vor allem auch in den Medien statt, wodurch es zu Verhetzungen und Gesetzeswidrigkeiten kommt. In Vergleichen von unterschiedlichen historischen Texten verschiedener Institutionen werden die negativen Kontinuitäten im Umgang mit Roma und Sinti gestern und heute dargelegt. Erschreckend ist, dass sie durch die Jahrhunderte meist einem immer wiederkehrenden negativen, unreflektierten Muster folgen. In einer eigenen vertiefenden Übung soll besonders auch die Rolle der Medien in diesem Kriminalisierungsprozess hervorgehoben werden.
Literatur / zur Vorbereitung für die Lehrpersonen:
- Katalogbeitrag »Zigeunerromantik«
- Katalogbeitrag »Roma in Österreich, österreichische Roma-Politiken«