Kapitel 2Die Heimat der Roma ist ihre Sprache
Die Sprache der Roma und Sinti – Romanes – ist zentral
für ihr Selbstbild als Volk.
Wissenschaftliche Forschungen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert belegen die Herkunft der Sprache aus Indien und zeichnen ihre Wanderung nach Europa nach. Für Romanes gibt es keinen verbindlichen Standard, sondern ausschließlich die Varianten der einzelnen Roma- und Sinti-Gruppen.
Romanes-Sprecher und -Sprecherinnen sprechen immer die Sprache der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft und werden in dieser Sprache alphabetisiert. Nicht alle Roma und Sinti sprechen Romanes. Vor allem die Verfolgung und Ermordung der Roma und Sinti im Nationalsozialismus hat zum Sprachverlust geführt. Die Überlebenden haben Romanes häufig nicht tradiert, in der Hoffnung, ihre Kinder dadurch vor Verfolgung zu schützen.
Roma und Sinti haben eine reiche mündliche Erzähltradition. Die Kodifizierung der in Österreich gesprochenen Varianten erfolgte ab den 1990er-Jahren. (Andrea Härle)
Inhaltlicher Schwerpunkt / Vermittlungsansatz:
Die Sprache der Roma und Sinti – Romanes und Sintitikes – beinhaltet auch unterschiedlich viele Lehnwörter aus den verschiedenen Gastländern der verschiedenen Romagruppen. So ist das Romanes der Lovara-, Kalderasch-, Arlije-, Ashkali- Gruppen usw., auch stark von türkischen, albanischen, rumänischen, ungarischen und anderen slawischen Sprachen, aber auch deutschen, persischen, armenischen und griechischen Wörtern beeinflusst. Romanes war lange keine schriftliche Sprache, sondern wurde mündlich in Erzählungen, Märchen und Liedern weitergegeben. Diese Sprache droht dadurch in Vergessenheit zu geraten. In verschiedenen Projekten, wie z.B. dem Romani-Projekt der Uni Graz, wird versucht dem entgegenzuwirken. Der Sprachwissenschaftler Mozes Heinschink und Mitglieder der verschiedenen Romagruppen haben ihre Sprachen gesammelt und aufgezeichnet und u.a. auch Märchen der verschiedenen Volksgruppen der Roma und Sinti in verschiedenen Büchern publiziert. Anhand von Textvergleichen zwischen Zeitzeugen-Zitaten und der Literatur der Roma und Sinti soll durch ihre Selbstdarlegung der wahren Tatsachen auf die Entstehungsproblematik der Roma-Literatur sowie auf die realen historischen Hintergründe eingegangen, und allgemein die Märchen und Erzählungen mit der realen Lebenssituation der Roma und Sinti in Verbindung gebracht werden.
Literatur / zur Vorbereitung für die Lehrpersonen:
- Katalogbeitrag »Ein virtueller Romano Than, Die Sammlung Heinschink«
- Katalogbeitrag »Literarische Orte der Roma«