Zwangsansiedlung und Zwangsassimilierung Orte am Rand - Die Roma Siedlungen im Burgenland

Kapitel 7Kriminalisierung und Rassismus


Am Ende des 19. Jahrhunderts geraten die Roma neuerlich in den Fokus staatlicher Zwangspolitik. Zum einen machte die Hinwendung zu einer ordnungs- und wohlfahrtsstaatlichen Politik nach dem Ende des Liberalismus Fragen gesellschaftlicher In- und Exklusion besonders virulent. Zum anderen waren nach der Aufhebung der Sklaverei in Teilen Osteuropas relativ viele Roma Richtung Westen aufgebrochen.

Polizeifotografien als »Typenbilder«, um 1930
Naturhistorisches Museum Wien Polizeifotografien als »Typenbilder«, um 1930

SW-Fotografien

Diese Aufnahmen von Menschen unter der Bezeichnung »Zigeuner« wurden von der Wiener Polizei 1932 an die Anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums gesandt. Hier ging es ausschließlich um den »Rassetypus«. Die Namen und Geschichten der Fotografierten wurden unkenntlich gemacht. Rein technisch hatte die Polizei bei diesen Aufnahmen die Abbildungen von drei Personen zu je einer Aufnahme zusammengestellt und auf Polizeipapier abgelichtet.

Angefordert wurden diese »Typenbilder« vermutlich vom damaligen Leiter der Abteilung, dem Anthropologen und Zoologen Viktor Lebzelter (1889-1936), der sich mit der Erforschung der »Rassen« in Österreich beschäftigte. Er arbeitete nachweislich auch mit einem Polizeiinspektor aus Floridsdorf, Karl Otter, zusammen, den er 1931 als Informanten über Roma und Sinti in Wien an die britische »Gypsy Lore Society« empfahl.

In Österreich wird diese Phase 1888 mit einem Erlass des Innenministeriums eingeleitet, der Roma unter Generalverdacht stellte, kriminell zu sein. Auch wurde mit Begriffen wie »Plage« oder »Unwesen« ein quantitativ bedeutsames Phänomen suggeriert und wider besseres Wissen das Stereotyp verbreitet, dass es sich hauptsächlich um »Nomaden« handle. In ganz Europa wurden ähnliche Maßnahmen gesetzt und oft verfassungswidrige polizeiliche Kontrollen und Registrierungen durchgeführt.

In dieser Zeit wurde der soziale Ausschluss der Roma zunehmend rassistisch begründet; als »letzte Wilde Europas« benannt, wurde ihnen die Fähigkeit abgesprochen, sich der modernen Zivilisation anzupassen. (Werner Michael Schwarz/Susanne Winkler)

Inhaltlicher Schwerpunkt / Vermittlungsansatz

»Kriminalisierung« gestern und heute

Vorurteile gegen Roma und Sinti führen heute wie gestern zu Diskriminierung und Kriminalisierung, ohne dass die wahren Gründe hinterfragt werden. Rein aus Vorurteilen und Ängsten heraus wird reagiert - doch so etwas findet nicht nur am »Stammtisch«, sondern auch auf ministerieller Ebene und vor allem auch in den Medien statt, wodurch es zu Verhetzungen und Gesetzeswidrigkeiten kommt. In Vergleichen von unterschiedlichen historischen Texten verschiedener Institutionen werden die negativen Kontinuitäten im Umgang mit Roma und Sinti gestern und heute dargelegt. Erschreckend ist, dass sie durch die Jahrhunderte meist einem immer wiederkehrenden negativen, unreflektierten Muster folgen. In einer eigenen vertiefenden Übung soll besonders auch die Rolle der Medien in diesem Kriminalisierungsprozess hervorgehoben werden.

Literatur / zur Vorbereitung für die Lehrpersonen: